Bootsübernahme

Charterboot übernehmen

Glücklich ist, wer besitzt - ein eigenes Boot. In der Regel ist das aber nicht der Fall und das Schiff wird gechartert. Bei der Übernahme eines Charterschiffes gilt es einiges zu beachten - wer zu diesem Thema im Internet sucht, glaubt vielleicht, dass es am wichtigsten ist, die Anzahl der Messer und Gabeln in der Besteckschublade zu zählen. Viel wichtiger ist es allerdings, vorher folgenden Punkte zu überprüfen: 

Unter Deck 
Beim Einchecken einer Charteryacht bekommt man in der Regel eine Inventarliste in die Hand gedrückt, mit der sich der Verantwortliche mehr oder weniger eine Weile still beschäftigen kann. Es soll natürlich alles seine Richtigkeit haben, aber das Zählen sämtlicher Gabeln und Löffeln ist nicht nur mühselig sondern normalerweise auch nicht notwendig. Ein Blick in die Bestecklade sollte reichen um festzustellen, daß alle Crewmitglieder mit genügend "Werkzeug" versorgt sind) Soll an Bord gekocht werden und steht etwas spezielles am Speiseplan, sollten Sie überprüfen, ob das dazu notwendige Geschirr vorhanden ist - fehlt etwas, fragen Sie die Leute beim Vercharterer, welche meist etwas entsprechendes auf Lager hat. 
Genauigkeit sollten Sie bei der Überprüfung folgender Utensilien walten lassen:

  • Seekarten, Hafenhandbücher und Leuchtfeuerverzeichnisse (Vollständigkeit und Alter beachten!)
  • Handpeilkompaß, Fernglas, Hand-GPS
  • Navigationsbesteck (Anlegedreiecke, Zirkel, Bleistift, Radiergummi)
  • Rettungswesten & Lifebelts (muß für jedes Crewmitglied griffbereit an Bord sein!)
  • Bedienungsanleitungen für technische Geräte (GPS, Funkgerät, Weltempfänger, ev. Radar, etc.)
  • Werkzeugset
  • Feuerlöscher (Datum der letzten Überprüfung!)
  • Schiffspapiere
  • Seenotsignale, Flaggen (Q, N, C, A)
  • Erste-Hilfe-Kasten (Vollständigkeit, Ablaufdatum)
  • Rufnummern des Vercharterers (für den Fall von techn. Problemen)
  • Ersatzteile (Reserveöl, Sicherungen, Impellerrad, Glühbirnen, Keilriemen, Kraftstofffilter, Schlauchklemmen, Reparatursets für Toilettenanlage und Schlauchboot, etc.)

Die o.g. Dinge werden Sie in der Regel nicht alle auf den ersten Blick finden - Yachten verfügen über eine Vielzahl an kleineren und größeren Staufächern, welche meist hinter allen möglichen Abdeckungen versteckt sind. Klappen Sie beispielsweise die Polsterungen der Sitzgelegenheiten weg und Sie werden mit Sicherheit fündig! 

Die Bilge
Auf jedem Fall sollte die Bilge (der tiefste Punkt im Bootsrumpf) überprüft werden - sie befindet sich unterhalb der Fußbodenbretter mittschiffs. Die Bilge muß möglichst trocken, vor allem frei von Salzwasser sein (Geschmackstest). Für Trockenheit in der Bilge sorgt in der Regel eine elektrische Absaugpumpe, welche auf ihre Funktion getestet werden sollte - heben Sie einfach den Schwimmer der Pumpe etwas an und schon müsste das Gerät seinen Betrieb aufnehmen. Bei einem gut abgedichteten Schiff werden Sie die Bilgepumpe relativ selten bei der Arbeit "ertappen" - schaltet sie sich jedoch mehrmals täglich ein, bedarf es einer genaueren Überprüfung der Ursache! Übrigens - ist die Bilge trocken, eignet sie sich hervorragend zur Lagerung und Kühlhaltung von Getränkedosen! 

Die Toilette
Ein relativ "sensibles" System stellt die Toilettenanlage dar - testen Sie unbedingt die Spülung (beim Hebelansatz darf kein Wasser austreten!) und die Ventile auf deren Funktion. Lassen Sie sich bitte vom Stützpunktpersonal die Bedienung der WC´s genau erklären (welche Ventile zu öffnen bzw. schließen sind) und geben Sie diese Informationen an alle Crewmitglieder weiter - Sie können sich damit großen Ärger ersparen! Toilettenspülungen auf Yachten kommen mit Klopapier nur schlecht zurecht (verwenden Sie bitte Abfalltüten) - keinesfalls dürfen etwa Damenbinden oder gar Speisereste über das Bordklo entsorgt werden! 

Der Kartentisch 
Nach dem Klo wenden wir uns wieder anderen Dingen zu - der Navigationsplatz ist sozusagen die Schaltzentrale an Bord, denn er dient nicht nur zur Berechnung Ihrer Kurse, sondern umfasst meist auch das Schaltpaneel, die Wetterstation, das Funkgerät, das Radio usw. Lassen Sie sich bitte alle Gerätschaften so genau wie möglich erklären (am besten alle hören zu) - insbesondere dann, wenn die eine oder andere Bedienungsanleitung fehlt. Apropos Bedienungsanleitungen - diese sind oft in Englisch abgefasst - ein Wörterbuch kann nichts schaden. Die Bezeichnungen auf den Schaltpaneels sind nicht selten ebenfalls in Englisch oder stimmen mit der ursprünglichen Funktion nicht mehr überein - kleine Etiketten, an den Schaltern angebracht, können helfen. (Bitte verändern Sie jedoch die Bezeichnungen nicht dauerhaft - etwa mit Eddingstiften!) 

Elektrische Anlage 
Die elektr. Anlage an Bord von Yachten ist in der Regel zweigeteilt - es gibt eine Starterbatterie sowie weitere Batterien, die für die Versorgung der restlichen Verbraucher zuständig sind. Fragen Sie bitte bei der Übernahme der Yacht nach dem Hauptschalter und dessen Stellung um alle Stromversorger laden zu können. Beim Liegen in einer Marina sollte auf jedem Fall der Landanschluß verwendet werden, um das elektrische System an Bord aufrecht zu erhalten. Beachten Sie bitte, dass in vielen Häfen der blaue "Eurofeuchtraumstecker" zu verwenden, und an Bord gegebenenfalls ein entsprechender Adapter vorhanden ist. (Übrigens - auch die Wasseranschlüsse an den Versorgungssäulen in den Marinas sind oft unterschiedlich - schauen Sie nach, ob entsprechende Anschlüsse bzw. Adapter an Bord sind - meist Typ "Gardena") 

Die Maschine 
Eines der Crewmitglieder sollte technisch etwas versiert sein, um ev. kleinere Pannen selbst beheben zu können. Der Austausch folgender (Verschleiß-) Teile sollte ohne größere Probleme möglich sein: Keilriemen, Impellerrad, Kraftstofffilter oder gebrochene Schlauchklemmen. Was ist eigentlich ein Impellerrad? Nun, Schiffsmotoren verfügen über eine Zweikreiskühlung - einem geschlossenen Süßwasser- und einem Frischwasserkreislauf, welcher dem geschlossenen Teil der Kühlung über einen Wärmetauscher Abkühlung verschafft. Der Impeller (ein Gummirad) hat zur Aufgabe, das Frischwasser (Seewasser) durch die Leitungen zu spülen. Wenn der Motor läuft, muß beim Auspuff des Bootes (eine Öffnung am Heck) Wasser austreten - ist dies nicht der Fall, ist höchstwahrscheinlich das Impellerrad verschlissen! Lassen Sie sich bei der Übernahme der Yacht den Motor zeigen (Ölmaßstab, etc.) und fragen Sie das Personal über dessen "Mucken" - die Stützpunktcrew kennt ihre "Pappenheimer" und kann Ihnen Tipps zur Abhilfe geben! WICHTIG: Haben Sie einmal die Tanks leergefahren, ist beim Dieselmotor meist eine Entlüftung des Systems notwendig - fragen Sie nach der Handpumpe und den Entlüftungsschrauben!

An Deck 
Eine Sichtprüfung ist unerlässlich - prüfen Sie die Bordwände auf Schrammen oder sonstige Beschädigungen und halten Sie diese gegebenenfalls am Übernahmeprotokoll fest. Einige Vercharterer lassen bei der Rücknahme der Yacht auch Taucher kommen, um das "Unterwasserschiff" auf Schäden zu kontrollieren - wenn Sie bei der Übernahme das Schiff ebenfalls abtauchen, wird es zu keinen "Fehlinterpretationen" bei der Rückgabe kommen. Bei Segelyachten ist insbesondere der Mast auf ev. Beschädigungen (Risse) zu prüfen. Sämtliche Beschläge, etwa Klampen, an Bord müssen gut befestigt und dürfen nicht locker sein - dies gilt auch für die Verankerung der Relingstützen. Offensichtliche Schäden an Wanten, Stagen und Terminals unbedingt beheben lassen - hier geht´s um Ihre Sicherheit! Die Segel haben ihre Schwachstellen besonders an den Lieks und Schothörnern - also prüfen!

Plicht
Der Arbeitsplatz des Steuermannes - alle Bedienungselemente erklären lassen und auf deren Funktion prüfen (ist der Gas- bzw. Ganghebel leichtgängig?) Starten Sie den Motor und achten Sie darauf, dass der Warnton für den Öldruck nach kürzester Zeit aufhört zu ertönen (nach 2 Sekunden bzw. kurzem Gasgeben sollte Schluss sein). Schauen Sie weiters auf den oben erwähnten Kühlwasseraustritt und die Farbe des Auspuffqualms - ein wenig schwarz ist (bei Dieselmotoren) okay. Kommt hingegen blauer oder dichter weißer Rauch, kann man auf Probleme mit der inneren Dichtheit (z.B. Zylinderkopfdichtung) des Aggregates schließen. Notieren Sie vor Ihrer Abfahrt den Stand des Betriebsstundenzählers.

Die Backskiste 
Die Backskiste, ein Stauraum - meist im Bereich des Cockpits, beinhaltet in der Regel viele Sachen für den täglichen Gebrauch, aber auch für Notfälle. Es finden sich da u.a. Dinge wie:

  • Festmacherleinen (Länge und Stärke überprüfen - sind die Klampen für diese Leinen ausgelegt?)
  • Wasserschläuche (sind verschiedene Anschlüsse vorhanden?)
  • Ösfaß (Eimer)
  • Putzzeug
  • Heckanker
  • Reservekanister für Treibstoff und Öl
  • Bootsmannsstuhl
  • Sonnensegel - vor allem in heißen Gegenden
  • Sprayhood
  • Arbeitshandschuhe (wichtig beim Ankern und für den Umgang mit der Kette)
  • verschiedenes Werkzeug


Der Anker 
Erkundigen Sie sich nach der Länge der Ankerkette - sie sollte bei einem 10m-Schiff nicht weniger als 50m betragen - haben Sie eine elektrische Ankerwinch an Bord, lassen Sie sich deren Bedienung erklären. 

Bunkern
An Deck befinden sich die Einfüllstutzen für die Treibstoff- und Wassertanks - lassen Sie sich diese zeigen und prüfen Sie die Beschriftung auf den Deckeln (da beide Deckel, bis auf die Beschriftung, gleich sind, kann es schon mal zu Verwechslungen kommen, was sich jedoch ziemlich fatal auswirkt - bei Diesel im Wassertank können Sie den Tank vergessen und umgekehrt kommt zumindest eine Menge Arbeit auf Sie zu...)

Lichter
Bei Tageslicht zwar etwas schwierig - aber dennoch sollten Sie die Funktion aller Lichter an Deck (speziell Positions- leuchten) bzw. das Vorhandensein von Ersatzglühbirnen überprüfen.